Zu dem theoretischen und politischen Erbteil, das Karl Marx der Arbeiterbewegung hinterlassen hat, gehört die Lehre von dem Bündnis zwischen Proletariat und Bauerntum, die für die marxistischen Parteien bis in die Gegenwart von Bedeutung geblieben ist. Ihre erste Bewährungsprobe hat sie schon am Ende des 19. Jahrhunderts bestehen müssen, als die deutsche Sozialdemokratie vor der Frage gestanden hat, ob sie in programmatischer Form für die Bauern eintreten solle oder nicht. Ihre 1895 auf dem Parteitag von Breslau ausgesprochene Absage an ein bauernfreundliches Agrarprogramm hat das Dilemma offenbart, das dem Marxschen Konzept der Bündnisfrage innewohnte: das Dilemma zwischen der politischen Notwendigkeit des Bündnisses und der theoretischen Bedenklichkeit der dafür einzusetzenden Mittel. Einerseits war es für die Arbeiterparteien erstrebenswert, ihren politischen Einflußbereich über die engeren sozialen Grenzen, die ihnen gezogen waren, auszuweiten, aber andererseits hatten sie dabei die sozialistischen Prinzipien zu berücksichtigen, die das Ziel ihres politischen Strebens festlegten. Das bedingte, daß das Zusammengehen mit den Bauern nicht um jeden Preis, sondern nur zu einem theoretisch zulässigen herbeigeführt werden durfte und daß die Arbeiterparteien zu entscheiden hatten, welche Politik gegenüber den Bauern mit marxistischen Grundsätzen vereinbar war und welche Maßnahmen am ehesten die Aussicht boten, einen Teil der Landbevölkerung für die eigene Sache interessieren zu können.