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Zur Chronologie des sog. Ǧamdat Naṣr—Friedhofs in Ur

Published online by Cambridge University Press:  07 August 2014

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Die gegenwärtigen Vorstellungen zur Chronologie der Ǧamdat Naṣr- und der beginnenden Frühdynastischen Zeit im südlichen Babylonien werden immer noch weitgehend von den Ausgrabungen im Diyālā-Gebiet bestimmt. Das liegt einerseits an dem Fehlen eines vergleichbaren Arbeitsprojektes in Babylonien, andererseits an der noch nicht erfolgten Auswertung vorhandener und publizierter Ausgrabungen in dieser Region.

Eine dieser lange Zeit brachgelegenen Auswertungsmöglichkeiten bietet der sog. Ǧamdat Naṣr-Friedhof in Ur. In den frühen dreißiger Jahren von Sir Leonard Woolley ausgegraben, stellen die Funde aus diesen Gräbern immer noch den einzigen größeren, zusammenhängenden Fundkomplex dieser Periode aus Süd-babylonien dar. Im folgenden sollen nun die Ergebnisse einer neuerlichen chronologischen Auswertung und die daraus resultierenden Vorstellungen zur sozialen Unterschieden in diesem frühen mesopotamischen Gräberfeld dargestellt werden.

Der schon in den dreißiger Jahren fertiggestellte endgültige Bericht über die Ausgrabungsergebnisse des sog. Ǧamdat Naṣr-Friedhofs wurde von L. Woolley im Rahmen des vierten Bandes der Ur-Publikationsreihe veröffentlicht. Der Autor legte dort das Material, nach einer frühen statistischen Methode in klassischer Dreiteilung geordnet, vor. Diese Methode stützte sich auf die Kombination der Gefäßbeigaben und die Stratigraphie der Gräber. Da der Hauptteil des Friedhofs in zwei getrennten Ausgrabungsschnitten, X und W, vorgefunden wurde; und diese, neben vielen Ähnlichkeiten auch Unterschiede eigentümlicher Art aufwiesen, hielt L. Woolley den größten Teil der Funde aus W für spärer, als die aus X. Nach dem Vorkommen dreifarbig-bemalter Ǧamdat Naṣr-Ware datierte er den gesamten Fundkomplex in eben diese Zeit.

Type
Research Article
Copyright
Copyright © The British Institute for the Study of Iraq 1983

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References

1 Eine Kurzfassung dieses Aufsatzes erschien in Akkadica 1982. Dort wurde aber insbesondere auf die Beschreibung der angewandten Methode verzichtet. Im Zusammenhang mit einer größeren chronologischen Arbeit (Kolbus, S. & Vértesalji, P. P., Archäologische Probleme der Uruk-, Ǧamdat Naṣr- und der beginnenden Frühdynastischen Zeit MesopotamiensGoogle Scholar (Dr. Ludwig Reichelt Verlag, Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B)) soll die gesamte Untersuchung publiziert werden. Am Zustandekommen dieser Arbeit waren folgende Personen und Institutionen maßgeblich beteiligt, denen ich hier meinen herzlichen Dank aussprechen möchte: A. und H. Kolbus, die sie großzügig finanziert haben; Prof. Dr. H. J. Nissen, unter dessen wissenschaftlichcr Leitung sie geschrieben wurde; Dr. P. P. Vértesalji, der auf vielfaltige Fragen Rat wußte; und nicht zuletzt die großzügige Unterstützung in den Museen von London, Oxford, Bagdad, Ann Arbor und Chicago, wo man es mir ermöglicht hat, Ǧamdat Naṣr-zeitliche Materialien zu studieren.

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3 Ebd., 26.

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10 Ebd., 14.

11 G. Korbel & H. Youzan, a.a.O., 12, Tab. 2.

12 G. Korbel & H. Youzan, a.a.O., 15, Abb. 1.

13 Siehe S. Kolbus, Unter dem Schutt aus einem der ersten Handelskontore von Ur: Wohin datiert der sog. Ǧemdet Naṣr-Friedhof ? (Akkadica 30 (1982), Anm. 12).

14 L. Woolley, a.a.O., 26. Der Autor erwähnt hier 8 dreifarbig bemalte Gefäßc: Von den auswertbaren Gräbern aus Schnitt X enthalten drei je ein dreifarbig bemaltes Gefäß; das entspricht Icdiglich 0,37% der Gesamtanzahl der ausgewerteten Gefäße aus X. Ein weiterer, in Schnitt X aufgefundener dreifarbig bemalter Topf stammt aus einem gestörten Grab.

15 Diese Matrix ist handgeordnet, nach einem Verfahren, das von P. P. Vértesalji entwickelt wurde. Für die Überlassung dieses Verfahrens und für seine Hilfe danke ich ihm herzlichst. Für eine nähere Erklärung der dieser Vorgehensweise zugrundeliegenden Vorstellungen bezüglich der Normalverteilung eines Typs im Laufe der Zeit siehe Clarke, D. L., Analytical Archaeology (1968), 456Google Scholar. Die Erläuterungen im einzelnen, z.B. die Bedeutung der Typengruppe 2 b muß der endgültigen Publikation vorbehalten bleiben, da sie den Rahmen dieser Ergebniszusammenfassung sprengen würde. Die Numerierung der Gräber und Tongefäßtypen entspricht der Numerierung Woolleys, den Metallgefäßen wurde eine 2 und den Steingefäßen eine 3 vorgestellt: 202 entspricht also dem Metallgefäßtyp JN. 2 von Woolley.

16 Die Probleme, die sich bei der Erstellung dieser Planum-/ Profilzeichnung ergaben, werden in S. Kolbus & P. P. Vértesalji, unter dem in Anm. 1 angegebenen Titel näher erläutert.

17 Wenn die Merkmale eines geschlossenen Fundes (hier eines Grabes), die bei einer solchen Kombinationsmatrix berücksichtigt werden, sich als chronologische Merkmale herausgestellt haben, können trotzdem noch Probleme bei ihrer Auswertung auftreten. Obwohl sich Gefäßformtypen dafür gut eignen, ist es schwierig, relativ gleichzeitige Typen, wie z.B. einen Steintopf, dessen Kopie aus Ton oder eine vielleicht noch vorhandene Luxusausführung in ihrer Bedeutung für das Aussehen der Matrix zu ermessen bzw. herauszufinden, warum sich bestimmte Merkmale nicht gut einordnen lassen.

18 Wenn es keine Möglichkeit gibt, die Ergebnisse der Statistik stratigraphisch oder vergleichend-archäologisch zu überprufen, bleiben sie hypothetisch und für weitere Auswertungsarbeiten nicht verwendbar.

19 Siehe hierzu S. Kolbus, a.a.O., Anm. 19. Die übereinstimmenden Steingefäße sind JN. 61 und Frankfort, H., OIC 20, 1936, 48Google Scholar, Fig. 39. Für die ED II-zeitliche Datierung der spätesten Gräber aus X und W sprechen also ein direktes Argument: ein gut vergleichbares Steingefäß; sowie zwei indirekte Argumente: der Trend hin zum verstärkten Steingefäßgebrauch im Diyālā-Gebiet in der ED II - Zeit, ferner die Beobachtungen Woolleys in Schnitt F in Ur. Hier finden sich, wie erwähnt, in der Schicht E noch gut vergleichbare Gefäße zum Ǧamdat Naṣr-Friedhof, während in der Schicht D darüber nur noch Typen der RC-Serie vorhanden waren. Damit datiert diese Schicht bereits in die ED III-Zeit. Woolley erwähnt hier keinen Hiatus, so daß nicht allzuviel Zeit zwischen dem Abriß der einen und dem Auf bau der anderen Gebäude vergangen sein kann.

20 Ein vergleichbarer Trend findet sich auch in Schnitt W.

21 G. Korbel & H. Youzan, a.a.O., Anm. 5, behaupten, daß die Bleibecher häufig mit Schädelbestattungen korreliert seien. Dies scheint nicht zu stimmen, da von 29 Schädelbestattungen im gesamten sog. Ǧamdat Naṣr-Friedhof von Ur nur vier einen Bleibecher enthielten.