In den uns bekannten Sprachen des Alten Orients findet sich kein Ausdruck, der etwa “Kaufmanns-” oder “Handelssprache” bedeutet. Zwar werden in der sumerisch-akkadischen Tradition Sondersprachen wie die “Sprache der nešakku-Priester”, die “Sprache der Reinigungspriester” oder die “Sprache der Salbpriester” erwähnt, auch Berufssprachen wie die “Sprache der Silberschmiede” oder die “Sprache der Steinschneider” oder die wohl als “Jargon” aufzufassenden “Sprachen” der “Rindertreiber”, der “Rinderhirten” und der “Schiffer”. Doch ist auch hier die Bezeichnung für eine besondere “Sprache der Kaufleute”, etwa eme dam + gàra(k) oder eme ga + raša(k) bzw. lišān tamkārī, nicht überliefert.
Dieser Befund ist indessen nicht als negatives Indiz gegen das Bewußtsein von einer besonderen “Sprache des Handels” im Alten Orient anzusehen, sondern wohl eher als ein zufälliges Ergebnis der Überlieferung. Denn gerade für den Handel und seine Organisation hatte sich seit der Frühdynastischen Zeit ein besonderer Berufsstand herausgebildet, der altsumerisch durch das Abstraktum nam.ga + raš “Kaufmannschaft” bezeichnet wird. Nicht so aussagekräftig ist das entsprechende akkadische Abstraktum tamkārūtum, da Abstrakta von Berufsbezeichnungen im Akkadischen sehr produktiv sind; doch ist churritisch damqarašši “Kaufmannschaft” wiederum ein deutliches Kriterium für eine Sonderstellung der Funktionäre des Handelswesens. Die hethitischen Gesetze berücksichtigen eigens den “Kaufmann” (unattallsš), wenn auch nicht in demselben Maße wie etwa der Codex Hammurabi. Und im Ugaritischen sind immerhin zwei verschiedene Bezeichnungen für “Kaufmann” (bidalu und *makkaru) bekannt.