Abstract: The main aim of the article is to present the preserved literary tradition about connections between the Samian tyrant Polycrates and the poet Anakreon. The literary tradition is analyzed chronologically: from Herodotus to Himerius. The author makes an attempt to present various traditions (which are partially independent form Herodotus) concerning the tyrant and the poet.
Key words: Anakreon, Polykrates, Samos, Strabo, court, Greek poetry.
Die literarische – oder sensu largiore künstlerische – Tätigkeit an Herrscherhöfen war in der griechisch-römischen Antike ein verbreitetes Phänomen, das zwar seine Blütezeit in hellenistischer Epoche erlebte, das aber schon in den Epen Homers erwähnt wurde. In archaischer und klassischer Zeit muss es bereits in der griechischen Welt eingebürgert gewesen zu sein. Die antiken Quellen berichten über zahlreiche Dichter dieser Epoche, die eine gewisse Zeit ihres Lebens am Hof eines Herrschers verbrachten (in archaischer Zeit geht es im Prinzip um die Tyrannen). So sind etwa Simonides von Keos und Aeschylos zu nennen, die bei Hiero, dem Tyrannen von Syrakus, tätig waren. In dieser Reihe soll man darüber hinaus Anakreon erwähnen, der sowohl auf der Insel Samos als auch später am tyrannischen Hof in Athen wirkte und dem sich vorliegender Artikel widmet. Es geht hier aber ausschließlich um ein Aspekt aus dem Leben des Anakreon und zwar dessen Bekanntschaft mit Polykrates, dem Tyrannen von Samos. Zudem handelt es sich hier um keine historische Untersuchung; es wird nämlich kein Versuch unternommen, die tatsächliche Ereignisse und Verhältnisse zu rekonstruieren. Im Mittelpunkt der Studie steht die literarische Tradition und deren Entwicklung vom 5. Jahrhundert bis in die byzantinische Zeit. Das Anliegen des Artikels ist darüber hinaus, diese literarische Motivgeschichte zu analysieren, um die Frage zu beantworten, warum einzelne Autoren auf bestimmte Motive eingingen, während sie andere nicht erwähnten und aus welchen Quellen diese Motive stammen könnten. Wegen der breiten chronologischen Streuung der im Mittelpunkt des Beitrages stehenden Quellen folge ich der Auff orderung von Detlev Fehling, dass man die Quellenlage chronologisch behandeln solle, um zu sehen „was sich an sicheren Schlüssen ergibt.” Zunächst aber sei das curriculum vitae des Anakreon und die samische Geschichte im 6. Jahrhundert (bis zum Tod des Polykrates) kurz dargestellt.